Fern und doch nah
Der 9. November ist ein markanter Tag in der deutschen Geschichte: Wende zur ersten deutschen Demokratie 1918. Mauerfall als Auftakt zur demokratischen Wende in der DDR 1989. Und Wende von Ausgrenzung in Richtung Vernichtung jüdischer Menschen in der Pogromnacht 1938 durch brennende Synagogen, Zerstörung jüdischen Eigentums, Misshandlung jüdischer Mitbürger*innen – in Kassel sogar schon zwei Tage vorher, wie eine schreckensvolle Generalprobe anmutend.
Aus diesem Anlass hielt am 08. November Prof. Dr. Krause-Villmar im Festsaal unserer Schule vor den Klassen der Oberstufe einen Vortrag zum Thema „Das Außenlager Kassel des KZ Buchenwald und die städtische Umgebung‟. Dabei auch angesprochen: ein von u. a. polnischen, niederländischen, italienischen, russischen Zwangsarbeitern errichteter SS-Bau nahe der Panoramawiese – heute Immobilie von Hessenforst und eine von KZ-Häftlingen gemauerte Steinbaracke ungefähr dort, wo heute der G-Bau der Schule steht. Zeitlich so fern und örtlich doch so nah.
Krause-Villmar berichtete von den Schwierigkeiten des historischen Erforschens. Zuerst verursacht durch Verdrängen und Verschweigen, später durch bruchstückhafte Akten, heute durch das Schwinden der wichtigsten Quellen, der Zeitzeugen. Er konnte aber auch von Erfolgen seiner Spurensuche z. B. in Archiven und durch Kontakte mit ehemaligen Häftlingen erzählen, die das so wichtige Erinnern an Opfer und Täter und Tätermotive ermöglichen. Und er konnte kluge Schüler*innenfragen zum Umgang mit Geschichte und deren Folgen sowie zu Fragen von Aufarbeitung und deren Hindernissen und Antriebskräften aufnehmen und einbinden.
Unterm Strich bleibt nach der vom Fachbereich Geschichte organisierten außerplanmäßigen Veranstaltung der Eindruck, dass sich ein Ausbrechen aus dem regulären Unterricht durchaus lohnen kann, um zum Innehalten und Nachdenken anzuregen – denn was so fern scheint, bleibt und geht doch so nah.